Rechte und Pflichten bei Nießbrauch

Aktualisiert am 26. April 2023

Das Nutzungsrecht Nießbrauch ist äußerst komplex. Es verwundert daher kaum, dass der Nießbrauch mit Rechten und Pflichten einhergeht. Diese greifen für den Nießbraucher und den Eigentümer der Immobilie für den kompletten Zeitraum des Nießbrauchs. Welche dies im Detail sind, lässt sich im Nießbrauchvertrag bedarfsgerecht fixieren. Sofern es keine individuell festgelegten Regelungen im Vertrag gibt, gelten laut Gesetz die im Folgenden aufgeführten Rechte und Pflichten. In diesem Artikel möchten wir auf die Rechte und Pflichten im Falle eines Nießbrauchs eingehen – sowohl aus Perspektive des Nießbrauchers als auch aus Perspektive des Eigentümers.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Nießbraucher nutzt/vermietet Immobilie, hat Ertrags-Verfügungsgewalt, ohne Eigentümerbeteiligung.
  • Nießbraucherpflichten: Erhaltung, Bewirtschaftung, Versicherung, gewöhnliche Kosten.
  • Eigentümer: Nießbrauch einschränken, Verfügungsrecht, außergewöhnliche Unterhaltskosten.

Rechte des Nießbrauchers

Der Nießbraucher ist die Person, die das Nutzungsrecht innehält. Das wird notariell beglaubigt und im Grundbuch aufgenommen. Um sich besser zu merken, welches Recht mit dem Nießbrauch einhergeht, hilft eine Herleitung des Wortes.

So entlehnt sich der Begriff Nießbrauch aus den lateinischen Wörtern „usus fructus“. Dies wiederum lässt sich mit „Fruchtgenuss“ übersetzen. Juristen verwenden jedoch nicht das Wort Fruchtgenuss, sondern Fruchtziehung. Im Klartext bedeutet dies: Der Nießbraucher darf aus der Immobilie einen Nutzen ziehen.

Obgleich dieses Nutzungsrecht auch für andere Sachen, Rechte oder Vermögen vergeben werden kann, wird es doch zumeist auf Immobilien angewendet. Dann kann der Nießbraucher die Immobilie selbst nutzen oder sie vermieten bzw. verpachten.

Das Nießbrauchrecht geht allerdings mit keiner Eigentumsübertragung einher. Der Nießbraucher hat daher kein Verfügungsrecht, was bedeutet, dass er im Unterschied zum Immobilieneigentümer die Immobilie nicht verkaufen darf. Er kann jedoch darin wohnen und auch seine Familie einziehen lassen. Möchte er beispielsweise aus Altersgründen nicht mehr in der Liegenschaft leben, kann er sie an einen Dritten vermieten.

Die Mieteinnahmen kann er dann für sein Pflegeheim oder eine kleinere Immobilie aufwenden. Von diesen Einkünften muss er nichts an den Immobilieneigentümer abgeben. Sie gehören komplett ihm, weswegen Juristen von einer Verfügungsgewalt über die Erträge sprechen. Diese Regelung greift so lange, bis der Nießbrauchvertrag erlischt. In der Regel geschieht das mit dem Tod des Nießbrauchers. Selbstverständlich sind andere Zeiträume denkbar. Auf jeden Fall aber wird die Dauer des Nießbrauchs vertraglich fixiert.

Beispiel: Das Seniorenehepaar Schneider hat mit viel Fleiß ihre eigene Immobilie über viele Jahrzehnte abbezahlt. Nun sind sie stolzer Besitzer dieser Immobilie – leider ist sie aber im Alter etwas zu groß. Die Kinder wollen die Immobilie nicht kaufen – womöglich, weil sie gar nicht mehr in der Heimat wohnen. Stattdessen macht das Ehepaar Schneider einen cleveren Zug: Sie verkaufen ihre Immobilie mit Nießbrauchrecht und bekommen deshalb sofort eine Barzahlung. Trotzdem dürfen sie die Immobilie weiter vermieten (oder alternativ auch darin wohnen bleiben). Von den Mieteinnahmen können sie eine kleinere, altersgerechte Wohnung bezahlen. Obendrein dürfen sie natürlich den Verkaufspreis ihrer Immobilie behalten.

 

Pflichten des Nießbrauchers

Ein Nießbrauch bei Immobilien heißt in der Regel, dass der Nießbraucher in dieser kostenfrei wohnen darf. Komplett kostenfrei wohnt der Nießbraucher allerdings nicht. So gehen mit dem Nießbrauch beim Haus Pflichten für den Nutzer einher. Laut Gesetz ist er dazu verpflichtet:

  1. die Immobilie zu erhalten,
  2. die Immobilie ordnungsgemäß zu bewirtschaften,
  3. die Immobilie zu versichern.

All dies bedeutet, dass der Nießbraucher dem Objekt nicht bewusst Schaden zufügt, es pflegt und darüber eine Versicherung abschließt. Er darf die Immobilie nicht grundlegend verändern oder gar umgestalten. Sollten große Ausbesserungen erforderlich sein oder ist die Liegenschaft beschädigt, hat der Nießbraucher die Pflicht, dies umgehend dem Immobilieneigentümer zu melden.

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Der Nießbraucher übernimmt die gewöhnlichen Kosten

In der Regel finden sich in den Übertragungsurkunden zum Nießbrauch keine ausdrücklichen Regelungen hinsichtlich der Kostenverteilung. Ist dies der Fall, gelten die gesetzlichen Regelungen. Sie wiederum legen fest, dass der Nießbraucher sämtliche gewöhnliche Kosten der Immobilie tragen muss.

In der Regel übernimmt der Nießbraucher daher zum Beispiel folgende Kostenblöcke:

  • Verbrauchskosten wie Müll, Strom, Wasser, Heizung, Kanalgebühren, Schornsteinfeger
  • Erforderliche Versicherungen wie Gebäudebrand etc.
  • Steuern (Grundsteuer)

 

Rechte des Eigentümers

Der Immobilieneigentümer besitzt das Recht, in Absprache mit dem künftigen Nießbraucher den Nießbrauch zu limitieren. Dies wird bei Vertragsaufsetzung selbstverständlich festgehalten.

Eine Beschränkung könnte es beispielsweise bezüglich der Dauer des Nießbrauchs geben. Gerade bei größeren Liegenschaften wäre auch eine räumliche Beschränkung des Nießbrauchrechts möglich. Ein weiteres Recht des Eigentümers betrifft das Verfügungsrecht. Hiermit ist gemeint, dass der Immobilieneigentümer das Haus oder die Wohnung zu jederzeit verkaufen darf. Dafür benötigt er keine Einwilligung von dem Nießbrauchnutzer. Allerdings bleibt das Nießbrauchrecht bestehen. In der Praxis ist es allerdings sehr selten, dass sich für eine Immobilie mit Nießbraucher ein Käufer findet.

 

Pflichten des Eigentümers

Eine Immobilie verursacht Kosten. Dazu gehöre nicht nur die gewöhnlichen Kosten und öffentliche Lasten, sondern auch außergewöhnliche Unterhaltskosten. Ist das Treppengeländer beispielsweise durch gewöhnliche Anwendung abgenutzt oder muss die Heizung modernisiert werden, ist der Nießbraucher nicht verpflichtet, diese zu erneuernFür Verschlechterungen der Sache, die lediglich durch die Ausübung des Nießbrauchs zustande kommen, muss der Nießbraucher also nicht aufkommen. 

 

Folgende Beispiele verdeutlichen, was zu außergewöhnlichen Unterhaltskosten zählen könnte:

  • Wiederherrichten völlig verwohnter Mieträume
  • Sanierung des Treppenhauses
  • Einbau neuer Türen wegen des Versicherungsschutzes
  • Erneuerung Zähleranlage
  • Erneuerung des Wasser- und Elektroanschlusses in der Waschküche
  • Erneuerung der Elektroinstallation
  • Instandsetzung und Austausch der elektrischen Anlage
  • umfangreiche Innen- und Außenputzarbeiten am Gebäude
  • Instandsetzung des Dachs oder seine Ausstattung mit einer Wärmedämmung
  • Austausch der Fenster
  • Modernisierung der Heizung und Einbau einer modernen Heizungsanlage
  • notwendige Umbauarbeiten
  • Beiträge zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung
  • Beiträge zur Herstellung einer öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage
  • Beiträge zur Herstellung der Straße
  • Isolierverglasung des ganzen Hauses

 

Der Erhalt des Kapitalwerts, sowie Maßnahmen, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen, obliegen folglich dem Eigentümer und zählen nicht zu den Pflichten des Nießbrauchers. Der Eigentümer ist jedoch nicht grundsätzlich verpflichtet, solche Maßnahmen abzudecken – diese werden vielmehr im jeweiligen Nießbrauch-Vertrag geregelt.

 

Vorbehaltsnießbrauch vs. Quotennießbrauch: Rechte und Pflichten hängen von der Nießbrauchart ab

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es nicht die eine Art von Nießbrauch bei Immobilien gibt. Dementsprechend können die Rechte und Pflichten in einigen Punkten ein wenig anders sein, als oben beschrieben. Die Ausführungen beziehen sich auf dem am häufigsten genutzten Nießbrauch: den Vorbehaltsnießbrauch ohne individuelle Absprachen.

Hiermit überträgt ein Immobilieneigentümer seine Wohnung oder sein Haus an einen Dritten. Dafür erhält er ein Nießbrauchrecht, Geld und die oben genannten Rechte. Vereinzelt findet der Quotennießbrauch Anwendung, mit dem eine anteilige Nutzung des Hauses oder der Wohnung vorgesehen ist. Der Nießbraucher würde dann beispielsweise 50 % der Mieterträge erhalten und nicht 100 % wie beim Vorbehaltsnießbrauch. Diese Art des Nießbrauches kommt jedoch in der Praxis selten vor.

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