Nießbrauchsrecht: Definition, Rechte & Beispiele
Aktualisiert am 5. Juni 2023
Kurzdefinition
Als Nießbrauchsrecht oder Nießbrauch wird das Recht bezeichnet, eine Sache wie eine Immobilie durch Wohnrecht oder Teilverkauf zu nutzen und daraus Erträge zu erzielen, obwohl man nicht der Eigentümer ist.
Als Nießbrauchsrecht oder Nießbrauch wird das Recht bezeichnet, eine Sache wie eine Immobilie durch Wohnrecht oder Teilverkauf zu nutzen und daraus Erträge zu erzielen, obwohl man nicht der Eigentümer ist.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt neben dem Eigentum und Besitz noch eine weitere Variante, die es einer Person erlaubt, auf eine Immobilie umfangreich zuzugreifen:
Das Nießbrauchsrecht.
In diesem Ratgeber erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen.
Das Wichtigste in Kürze
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Nießbrauch ist eine Art von Nutzungsrecht, bei dem eine Person das Recht hat, eine Sache, die einem anderen gehört, zu nutzen, ohne dessen Eigentum zu erwerben.
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Der Nießbraucher hat das Recht, sie zu nutzen, zu verwalten oder zu vermieten.
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Für gewöhnlich endet das Nießbrauchrecht mit dem Tod des Nießbrauchers
Nießbrauch Definition
Wer einen Nießbrauchsrecht hat, darf in dieser wohnen und sie vermieten oder verpachten. Juristen bezeichnen dies als „Möglichkeit, alle Nutzungen aus der Sache zu ziehen“, was in den §§ 1030 ff. BGB geregelt ist. Die Immobilie selbst gehört jedoch einer anderen Person.
Nießbrauchsrecht erklärt: Was ist das überhaupt?
Wer einen Nießbrauch hat, darf in dieser wohnen, diese vermieten oder verpachten – und zwar bis das Nießbrauchsrecht endet. Neben der grundsätzlichen Definition kann es in der Praxis je nach Vereinbarung zwischen dem Immobilieneigentümer und dem Nießbraucher ein bisschen anders gehandhabt werden. So gibt es folgende Arten des Nießbrauchs:
Vorbehaltsnießbrauch
Ein Vorbehaltsnießbrauch ist eine spezielle Form des Nießbrauchs. Dabei behält sich der Übertragende das Nießbrauchsrecht vor, das heißt, er überträgt zwar das Eigentum an der Sache selbst, behält aber das Recht, die Nutzungen daraus zu ziehen. Dies wird oft in der Praxis genutzt, um z.B. Vermögensübertragungen zu Lebzeiten, oft im Kontext von vorweggenommener Erbfolge, steueroptimiert zu gestalten. Der Übertragende kann so das Vermögen übertragen, behält aber weiterhin die Nutzung und die Erträge daraus.
Der Vorbehaltsnießbrauch bietet eine gute Möglichkeit, um den Übergang von Besitz an einem Gegenstand zu erleichtern und gleichzeitig die Interessen beider Parteien zu schützen. Im Vergleich zu anderen Nießbrauchformen ist der Vorbehaltsnießbrauch jedoch zeitlich begrenzt und bietet daher nicht die gleiche Flexibilität.
Zuwendungsnießbrauch
Der Zuwendungsnießbrauch ist eine spezielle Form des Nießbrauchrechts, bei der eine Person das Nießbrauchsrecht an einer Immobilie oder einem anderen Vermögenswert durch eine Zuwendung, wie zum Beispiel ein Geschenk oder eine Vermächtnis, erhält. Im Gegensatz zum unbeschränkten Nießbrauchsrecht, bei dem das Nießbrauchsrecht uneingeschränkt ausgeübt werden kann, hat die Person beim Zuwendungsnießbrauch nur ein beschränktes Recht zur Nutzung des Objekts.
Diese Form des Nießbrauchrechts ist für Personen geeignet, die an der Nutzung interessiert sind, aber nicht das volle Eigentum oder das volle Recht zur Verfügung haben möchten. Da das Nießbrauchsrecht durch eine Zuwendung erworben wurde, kann es auch an weitere Personen weitergegeben werden, was es für Familien besonders interessant macht, die ihr Vermögen innerhalb der Familie erhalten möchten.
Weitere Formen des Nießbrauchs:
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Nachrangiger Nießbrauch
Bei einem nachrangigen Nießbrauch tritt der Nießbrauchsberechtigte in seiner Position hinter einem anderen Nießbrauch zurück, was das Alter des Nießbrauchsberechtigten und den Wert der Immobilie in Bezug auf mögliche Erbschaften beeinflussen kann.
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Quotennießbrauch
Ein Quotennießbrauch ist eine Form des Nießbrauchs, bei der der Nießbrauchsberechtigte nur einen bestimmten Prozentsatz (Quote) der Nutzung oder Erträge erhält.
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Bruchteilsnießbrauch
Beim Bruchteilsnießbrauch wird das Nießbrauchsrecht auf einen bestimmten Bruchteil der Immobilie beschränkt.
Rechte und Pflichten beim Nießbrauchsrecht
Der Nießbrauch räumt dem Nießbraucher diverse Rechte und Pflichten ein. Für gewöhnlich ist dies das Recht wohnen zu bleiben und sämtliche “Früchte aus der Immobilie zu ziehen”, sprich, diese zu vermieten. Diese Rechte sind sprichwörtlich wertvoll und nicht frei von einigen bestimmten Pflichten gegenüber dem Eigentümer.
Ähnlich wie bei regulären Mietobjekten ist der Bewohner bzw. Vermieter dazu verpflichtet, die Immobilie in einem gewissen Umfang instand zu halten. Darüber hinaus sind die Mieteinnahmen, sofern der Nießbraucher sich für eine Vermietung entscheidet, wie bei anderen Mietobjekten natürlich vom Nießbraucher zu versteuern.
Weitere Details haben wir in einem separaten Artikel näher erläutert. Hier geht es direkt zum Artikel.
Nießbrauch im Grundbuch
Wie die aufgeführten Nießbraucharten bereits erahnen lassen, ist der Umfang des Nießbrauchs und die damit einhergehend Pflichten sowie Rechte eine Frage des Einzelfalls. Über den Nießbrauch mit all seinen Eigenheiten schließen Nießbraucher und Immobilieneigentümer einen Vertrag ab. Dieser ist nur rechtlich gesichert, wenn ihn ein Notar beurkundet. Anschließend wird er im Grundbuch eingetragen. Die Löschung des Nießbrauchs findet nur auf Wunsch des Nießbrauchers statt. Dann wird es aus dem Grundbuch wieder ausgetragen.
Wann endet das Nießbrauchsrecht einer Immobilie?
Das Ende des Nießbrauches ist zentraler Bestandteil des Vertrages und lässt sich grundsätzlich frei gestalten. Für gewöhnlich endet das Nießbrauchsrecht mit dem Tod des Nießbrauchers. Es ist aber auch möglich, es zeitlich konkret zu begrenzen. Dies würde im Vertrag jedoch deutlich gekennzeichnet werden. Ob eine zeitliche Begrenzung sinnvoll ist, hängt letztlich von der jeweiligen individuellen Situation ab.
Die Berechnung von Nießbrauch
Ja, er hat einen konkreten Wert – und dieser ist in bestimmten Situationen von zentraler Bedeutung, nämlich wenn es bspw. um die Besteuerung im Rahmen einer Schenkung geht. Wie hoch der Wert ist, hängt von den Nutzungsrecht an einer Sache, den möglichen Mieteinnahmen und der Dauer des Nießbrauchrechts ab.
Ein Beispiel: Herr Winter wohnt weiterhin in seinem Haus, über das er einen Nießbrauchsrecht für die nächsten zehn Jahre innehält. Würde er es vermieten, bekäme er eine Jahresmiete von 12.000 €. Die Jahresmiete multipliziert mit der Laufzeit von zehn Jahren ergibt einen Wert von 120.000 €. Der Nießbrauchwert läge damit – vereinfacht berechnet – bei 120.000 €.
Der Nießbrauchwert reduziert den Immobilienwert. Da der Eigentümer die Immobilie nicht vollumfänglich nutzen kann, ist sie für ihn natürlich weniger wert. Wird ein Haus mit Nießbrauch verkauft, ist daher nicht der reguläre Hauswert anzusetzen. Stattdessen reduziert sich dieser um den Nießbrauchwert.
Mehr zum Thema Nießbrauchwert erfahren Sie im Artikel: Nießbrauch berechnen bei Immobilien.
Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?
Beide Rechte werden in Abteilung II im Grundbuch eingetragen und stellen eine Belastung des Grundbuchs dar.
Der Nießbrauch geht weiter als das Wohnrecht, weil es nicht nur zur eigenen Nutzung der Immobilie berechtigt, sondern auch dazu, die Immobilie zur Vermietung und Verpachtung zu verwenden. Der Inhaber eines Wohnrechts darf die Immobilie dagegen nur selbst bewohnen. Erfahren Sie hier mehr zu den Unterschieden zwischen Nießbrauch und Wohnrecht.
Wann macht ein Nießbrauchsrecht Sinn?
Ein paar Beispiele zeigen Ihnen auf, wann er besonders sinnvoll ist und häufig angewandt wird:
Nießbrauch zur Altersabsicherung
1. Beispiel: Herr Winter möchte seine Rente aufbessern. Er denkt an einen Hausverkauf. Dagegen spricht jedoch, dass er in dem Haus gerne weiterhin wohnen würde. Was kann er tun? Nießbrauchsrecht ist die Lösung. Er verkauft das Haus mit der Auflage, einen Nießbrauch für sich bis zum Lebensende einzutragen. So kann er im Haus wohnen und erhält gleichzeitig durch den Kaufpreis eine höhere Geldsumme zur freien Verfügung.
Nießbrauch zur Sicherung der Pflegekosten
2. Beispiel: Herr Winter hat sich ein Nießbrauchsrecht über sein Haus eintragen lassen, weil er in die Zukunft denkt. Ihm ist bewusst, dass er vielleicht irgendwann in ein Pflegeheim muss. Als der Tag kommt, zieht er aus seinem Haus aus. Ein Makler findet für ihn einen Mieter. Mithilfe der Mieteinnahmen bezahlt er einen Teil der Pflegeheimkosten.
Nießbrauch zur Einsparung von Schenkungssteuer
3. Beispiel: Herr Winter schenkt das Haus an seine Enkelin Lea und lässt sich einen Nießbrauch eintragen. Dies tut er, um Lea die Schenkungssteuer zu ersparen. Sie würde auf die Schenkung nämlich eine empfindliche Steuer zahlen, da der Hauswert über 200.000 € und damit über ihren steuerlichen Freibetrag liegt.
Nießbrauch zur Einsparung von Erbschaftsteuer
4. Beispiel: Herr Winter ist Eigentümer eines großen Barvermögens und von einem Haus. Seine Sorge ist, dass seine Erben Erbschaftsteuer zahlen müssten. Deswegen vererbt der das Haus mit Nießbrauch. Auf diese Weise mindert sich der Hauswert und damit der Wert seines kompletten Erbes. Seine Erben bleibt die hohe Erbschaftsteuer erspart.
Interessantes zum Thema lesen Sie auch hier.
Folgende Grafik veranschaulicht zudem noch einmal den Unterschied aus Eigentum, Besitz und Nießbrauch am Beispiel einer Immobilie.
Nießbrauchsrecht Vorteile
Die Vorteile eines Verkaufs mit Nießbrauch sind vielfältig. Aufgrund der juristischen Ausgestaltung als sehr starkes Recht, ist der Verkauf mit Vereinbarung eines Nießbrauchsrechts mit Sicherheit die Variante, die dem ursprünglichen Zustand- nämlich dem Volleigentum- am nächsten kommt.
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Kein Auszug aus der vertrauten Umgebung
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Finanzielle Möglichkeiten ausschöpfen
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Vermietungsmöglichkeit nach Auszug
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Weitere Kapitalzahlung nach Auszug
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Verkauf an einen Privatinvestor
Alternative Verrentungsmodelle zum Nießbrauchsrecht
Durch den Verkauf Ihrer Immobilie und die Eintragung eines Nießbrauchsrechts im Grundbuch erhalten Sie eine attraktive Summe, die Sie für Ihre eigenen Zwecke verwenden können. Gleichzeitig bietet Ihnen der Nießbrauch ein hohes Maß an Sicherheit, da er auch bei einem späteren Verkauf oder einer Zwangsversteigerung erhalten bleibt. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, das Gebäude zu vermieten, wenn Sie es nicht mehr selbst nutzen wollen.
Eine Alternative zu einem vollständigen Verkauf ist der Immobilien Teilverkauf. Beim Immobilien Teilverkauf wird ein Teil Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung an einen Investor verkauft, während Sie weiterhin Eigentümer bleiben und die volle Kontrolle über das Objekt haben. Im Gegenzug erhalten Sie von dem Investor eine feste Summe oder eine regelmäßige Verrentung.
Leibrente ist eine weitere Alternative zum Nießbrauch, bei der ein Eigentümer Teile seines Eigentums verkauft und sich gleichzeitig das Recht sichert, die Immobilie für den Rest seines Lebens zu nutzen. Hierbei überträgt der Eigentümer einen Teil seiner Rechte an die Immobilie auf den Käufer und behält sich gleichzeitig das Recht vor, die Immobilie zu nutzen. Dies bietet eine gute Möglichkeit für Eigentümer, eine regelmäßige Einkommensquelle zu sichern, ohne ihr Zuhause zu verlassen.
Häufig gestellte Fragen zu Nießbrauch
Was bedeutet Nießbrauch?
Der Nießbrauch ist ein eigentumsähnliches Recht, das dem Berechtigten erlaubt, eine Sache oder Immobilie zu nutzen als sei er Eigentümer, ohne Eigentum an der Sache oder Immobilie zu haben. Hierzu zählen insbesondere die Rechte, die Sache oder Immobilie selbst zu nutzen oder sie die Vermietung und Verpachtung.
Wer ist bei Nießbrauch der Eigentümer?
Beim Nießbrauch unterscheidet man den Nießbrauchrechtinhaber und den Eigentümer. Am Beispiel einer Immobilie kann man wie folgt unterscheiden: der Eigentümer ist in Abteilung I des Grundbuchs als “juristischer” Eigentümer eingetragen. Er hat die Verfügungsgewalt über das Grundstück und kann es verkaufen oder verschenken. Der Nießbrauchrechtinhaber am gleichen Grundstück darf es selbst nutzen oder vermieten. Er ist der Nutznießer des Grundstücks und wird in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Er wird auch „wirtschaftlicher Eigentümer“ genannt.
Wann beginnt der Nießbrauch?
Das Nießbrauchsrecht ist zivilrechtlich wirksam bestellt im Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch.
Wann endet der Nießbrauch?
Üblicherweise wird der Nießbrauch auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt und endet damit mit dem Tod des Nießbrauchers. Soll er vorher enden, bedarf es der expliziten Erklärung des Nießbrauchrechtinhabers, der durch seinen notariell erklärten Verzicht eine Löschung des Rechts im Grundbuch bewirken kann.
Wie berechnet man den Wert des Nießbrauchs?
Zur Berechnung des Nießbrauchwerts gibt es eine gängige Formel, diese lautet: Kapitalwert des Nießbrauchs = Jahreswert x Kapitalwert-Faktor bzw. Vervielfältiger.
Hier finden Sie ein Dokument zur Berechnung des Nießbrauchs auf Basis des Bundesfinanzministeriums.
Was ist ein Nießbrauchsvorbehalt?
Eltern, die ihr Eigenheim an ihre Kinder übertragen möchten, könnten einen Nießbrauchsvorbehalt für sich selbst vereinbaren. Dies bedeutet, dass sie das Recht behalten, das Eigenheim für den Rest ihres Lebens zu bewohnen, auch wenn die Immobilie rechtlich gesehen ihren Kindern gehört. Dieses Recht ist vergleichbar mit einem lebenslangen Wohnrecht.
Andererseits betrifft der Nießbrauch nicht nur das Wohnrecht, sondern auch andere Nutzungsrechte. In unserem Beispiel könnten die Eltern weiterhin Mieteinnahmen aus der Immobilie erzielen, wenn sie beispielsweise Teile des Hauses vermieten. Auch dieses Recht bleibt erhalten.
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